In diesem Blogeintrag darf ich einen wunderbaren Artikel meiner Freundin Daniela mit euch teilen. Ich hoffe er regt euch zum Nachdenken an, berührt euch, hilft euch manche Situationen in Bezug auf die Geburt kritischer zu hinterfragen oder er unterhält euch auch einfach nur.
Viel Freude beim Lesen!
Geburt? Dass diese im Falle meiner Kinder im Krankenhaus stattfinden wird, stand für mich völlig außer Frage. Das ist der sicherste Ort! Schließlich gibt es hier alle medizinischen Gerätschaften, die im Notfall lebenswichtig sind. Für mein Kind, und auch für mich. Auch für alle Frauen aus meinem Umfeld, ob Verwandte oder Freundinnen, war die Geburt im Krankenhaus eine Tatsache, die nie in Frage gestellt wurde. Der Geburtstermin meines Sohnes war angesetzt für Dezember 2018.
Dann bekam ich im Sommer 2018 ein Buch geschenkt, von meiner Schwiegermutter. Sie kenne es nicht, es habe aber gute Bewertungen. Der Titel: „Die selbstbestimmte Geburt“. Dieses Buch hat alles verändert - worüber ich heute, dreieinhalb Jahre und zwei Geburten später, unglaublich dankbar bin.
Das Buch war der Anstoß, mich zum Thema Geburt während meiner Schwangerschaft umfassend zu informieren. So lernte ich, dass Frauen schon seit Jahrtausenden ihre Babys auch in Beckenendlage gebären (mit den Füßen voraus, statt mit dem Kopf). Ich lernte auch, dass Krankenhäuser im Falle einer Beckenendlage jedoch aus Sicherheitsgründen einen Kaiserschnitt vorziehen.
Ich habe erfahren, dass Ärzte*innen oft Pauschalzeiträume festlegen, wie lange eine Schwangerschaft nach dem errechneten Geburtstermin noch weiter laufen darf. Ohne individuell zu schauen, ob es Kind und Mutter eigentlich gut ginge, die Schwangerschaft weiter laufen könnte. Auch lernte ich, dass errechnete Geburtstermine vielfach nicht richtig sind. Es stellte sich mir die Frage, ob es sinnvoll ist, einen statistisch errechneten Geburtstermin pauschal auf alle Frauen gleichermaßen anzuwenden. Woher kommt dieser pauschale Zeitraum, wem nützt er? Der Mutter, dem Kind oder dem Krankenhaus?
Außerdem habe ich erfahren, dass für eine Geburt die Ausschüttung von Oxytocin essentiell ist. Es fördert die Wehen und mindert das Schmerzgefühl. Lässt die Ausschüttung nach, kann es zu einem Geburtsstillstand kommen. Das Problem: Für eine Oxytocin-Ausschüttung muss sich eine Gebärende wohl fühlen, sie muss entspannt sein, sie muss vertraute Personen um sich haben. Ein Schichtwechsel mitten unter der Geburt, ein unfreundliches Wort einer Hebamme während der Geburtsverlaufs – das kann schon ausreichen, um eine Geburt zu stören.
Abhilfe bei gestörten Geburtsverläufen (wie oft hörte ich den Satz von Müttern: „Ja, irgendwie ging sich dann nichts mehr weiter bei der Geburt“) ist dann oft das Mittel der Wahl: Wehenförderer. Ich habe auch erfahren, dass es nicht leicht ist, Wehenförderer exakt zu dosieren. Oft finden sich die Frauen dann wieder mit schnell eintretenden, starken Wehen, auf die sich ihr Körper nicht vorbereiten konnte. Was tun? Die Lösung oftmals – Wehenhemmer.
Ich habe auch erfahren, dass der Einsatz von Wehenförderern und Wehenhemmern sich negativ auf das Kind auswirken können. Meine Hebamme drückte es so aus: Wenn die Frau die Wehen zum Beispiel nicht mehr gut spürt, hat das Kind selbst mehr „Arbeit“. Und dies führt oftmals dazu, dass die Herztöne schlechter werden. Ja, wie oft habe ich diesen Satz von Frauen aus meinen Umkreis gehört: Die Herztöne wurden schlechter, wir mussten dann einen Kaiserschnitt machen“. Ich könnte noch lange mit der Liste an Beispielen so weiter machen.
Es ist provokativ aber ich bin der Überzeugung, dass viele Kaiserschnitte nicht nötig wären, wäre nicht in den Geburtsverlauf eingegriffen worden, und würde das Thema „Atmosphäre“ bei einer Geburt als wichtiger Aspekt in unserer Gesellschaft angesehen werden. Das erklärt auch die teils gravierende unterschiedlichen Kaiserschnittraten in den (deutschen) Krankenhäusern.
In vielen Teilen unserer Gesellschaft bzw. unter den Frauen wird Geburt angesehen als etwas gefährliches, etwas, das man ertragen muss, das eine Frau über sich ergehen lassen muss. Etwas Passives. Folgende Sätze zeigen dies: „Das Kind wird jetzt geholt“; „Wie lange musst du im Krankenhaus bleiben“ usw. Doch eigentlich müsste dies in meinen Augen völlig anders lauten. Nicht Ärzte*innen oder Hebammen gebären das Kind. Nein, die Mutter! Und nur die Mutter alleine. Und sie ist dazu im Stande. Sie hat alle Fähigkeiten, die sie für das Gebären benötigt, bereits dabei. Nur das Selbstvertrauen, dass sie diese Geburt meistern wird, das fehlt leider heutzutage vielen Frauen. In meiner Utopie freuen sich Frauen auf die Geburt und haben keine Angst vor ihr (gesunden Respekt aber schon). In meiner Utopie erleben die Frauen dieses wundervolle, völlig einzigartige Wunder bei Bewusstsein, mit jeder Faser ihres Körpers (was nicht heißt, dass es nicht unfassbare Schmerzen seien;-). Aber die Frauen schaffen das, wachsen an dieser größten Meisterleistung ihres Lebens, und gehen dementsprechend selbstbewusst in die Erziehung ihres geborenen Kindes.
Eines möchte ich klar stellen: Ich bin unglaublich dankbar, in einer Zeit zu leben, in der Medizin und Wissen auf so einen großartigen Stand sind. Ich bin dankbar, dass es die Möglichkeit von Kaiserschnitten gibt. Nur durch die moderne Medizin konnten viele Frauen und Kinder gerettet werden, die bei Geburten früher noch gestorben wären. Das ist wunderbar. Und genau da sehe ich die „Einteilung“. Eine Geburt ist kein Notfall, keine Verletzung, hier braucht es keine Ärzte*innen. Hier braucht es Spezialistinnen für Geburten – die Hebammen. Sollte jedoch ein (berechtigter) Notfall eintreten, dann braucht es die Spezialisten für „Verletzungen“ – das sind die Ärzte*innen. Doch in unserer Gesellschaft etabliert sich immer mehr die Vorstellung, dass es Ärzte*innen, Medizin usw. grundsätzlich für eine Geburt benötigt werden. Dem ist in meinen Augen nicht so.
Wie oft höre ich die Aussage von Schwangeren „Ich lasse die Geburt einfach auf mich zukommen, es kommt wie es kommt“. Leider geht damit oft ein großes Informationsdefizit einher. Und das wiederum führt oft zu sogar traumatischen Geburtsverläufen, da die Frauen aus Unsicherheit alles abnicken, was ihnen in dieser emotionalen und herausfordernden Situation während des Geburtsvorgangs vorgeschlagen wird.
Ich war froh, durch meine Recherchen im Vorfeld Alternativen gefunden zu haben. Eine Hausgeburt? Das habe ich mir nicht zugetraut. Für mich fühlte sich eine Geburt im Geburtshaus nach einer richtigen Entscheidung an. Die beiden Hebammen, Inge und Sofie, lernte ich früh kennen. Wir führten bei wenigen Terminen jedoch unglaublich intensive Gespräche, zur Geburt, zum Leben, zur Partnerschaft – einfach alles Mögliche. Ich hatte schnell das Gefühl, dass ich ihnen vertrauen kann. Heute weiß ich, dass die beiden genau dieses Vertrauen, die Bindung bewusst zu mir hergestellt haben. Wohlwissend, dass dies entscheidend für einen reibungslosen Geburtsvorgang sein kann. Das Ergebnis sind zwei wundervolle Geburten: Julian kam am 30.12.2018, 16 Tage nach dem errechneten Geburtstermin. Meine Ärztin wollte am 20. Dezember pauschal einleiten, sechs Tage nach dem errechneten Geburtstermin. Ich traute mich, abzulehnen. Inge aus dem Geburtshaus untersuchte mich und das Kind alle zwei Tage und entschied allein auf der Basis, es uns ging, ob die Schwangerschaft weitergeführt werden soll.
Leila kam am 6.1.2022, 15 Tage vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt, angekündigt hatte sie sich bereits am 2.1.2022. In der ganzen Zeit konnten wir (zu zweit) die Auszeit im Geburtshaus genießen. Aus dem Umfeld wurde wir oft gefragt: Wie lange müsst ihr noch bleiben? Aber Inge aus dem Geburtshaus fragte uns nur: „Möchtet ihr noch einen Tag bleiben?“ Ja, das wollten wir!
Daniela Czarnowski
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